Markenkraft im Mittelstand - Was jeder Manager von Dr. Klitschko und dem Papst lernen können
Oliver Errichiello / Arnd Zschiesche (2. Aufl. August 2012)
Mit Markenkraft im Mittelstand von Oliver Errichiello und
Arnd Zschiesche ist dieses Jahr bereits das dritte Buch* von
ehemaligen Mitarbeitern der "Genfer Schule" (Institut für Mar-
kentechnik) erschienen.
Die beiden Markenexperten aus Hamburg gewähren, ähnlich wie
schon Brandmeyer et al. in Marken stark machen (2008) auf
weniger als 200 Seiten erfrischend dargestellte Einblicke in die
Erfolgsparameter der Markenführung. Der Titelzusatz "im Mittel-
stand" ist dabei meines Erachtens überflüssig (aber vermutlich
vermarktungstechnisch gewollt), da die Empfehlungen des nur
1,3 cm dicken Markenbuches für alle Markenverantwortlchen
gelten, egal ob KMU oder Weltkonzern. Was insbesondere Mittel-
ständlern gefallen dürfte, ist der lockere Schreibstil der beiden
Markenentwickler, der auch schon im Untertitel "Was Manager
von Schwarzenegger und dem Papst lernen können" anklingt.
Mein 1. Fazit: Ein tolles Buch. Praxisnah. Einfach. Beispielhaft.
Zum Inhalt: Das kompakte Büchlein ist in zwei große Teile untergliedert. Während sich der 1. Teil auf 78 Seiten in 7
Kapiteln den "Grundgesetzen und Wirkungsweisen" der Markenführung" widmet, wird im 2. Teil auf 84 Seiten eine
"Anleitung zur Unverwechselbarkeit" präsentiert. Den abschließenden 8-seitigen Exkurs von Peek&Cloppenburg-Geschäftsführer
Timm Homann über "Markenführung Im ökonomischen Kontext" kann man sich meines Erachtens
schenken. Die Ideen des Beratungskunden der beiden Autoren sind okay, liefern aber wenige neue Erkenntisse.
Die exakt 170 Seiten davor aber auf jeder Seite. Auf jeder!
Zudem finden sich in Markenkraft im Mittelstand reihenweise kluge Gedanken, die die beiden Autoren
ohne Umschweife punktgenau in Worte gekleidet haben, wie folgendes Zitat eindrucksvoll zeigt:
"Ein Trend muss zu Ihrer Marke passen bzw. markentypisch
umgesetzt werden. Funktioniert das nicht: Hände weg!"
Die besten Zitate aus Markenkraft im Mittelstand finden Sie >> hier
Insgesamt umfasst das kraftvolle Markenbuch die folgenden 10 Kapitel:
1. Was zeichnet erfolgreiche Marken aus?
2. Der Zusammenhang von Marke, Vertrauen und Positivem Vorurteil
3. Die Rolle von Kundschaft/Gemeinschaft für die Marke
4. Das Prinzip der Selbstähnlichkeit
5. Marke, Trend und der Wunsch nach Verjüngung
6. Marke ist immer das Besondere
7. Was ist Marke nicht?
8. Das Material, aus dem Erfolge sind: Erfolgsbausteine von Marken
9. Rechercheanleitung: Welche Merkmale Ihre Marke stärken
10. Wie Sie eine unverwechelbare Werbekampagne entwickeln - mit oder ohne Werbeagentur
Das komplette Inhaltsverzeichnis von Markenkraft im Mittelstand als >> Download
Los geht's in der Einleitung zum Buch mit zwei Aussagen, die es in sich haben:
> Marken werden (auch) durch Werbung zerstört!
> Marken sind genauso kontrollierbar wie Einkauf und Vertrieb!
Grundlage der folgenden Erläuterungen bildet, wie könnte man es für ehemalige Schüler der "Genfer Schule" anders
erwarten, die von Prof. Dr. Deichsel entwickelten Grundprinzipien der Markensoziologie. Von den beiden Autoren
In Worte gefasst: "Marke ist keine Frage des Geldes, sondern der Stiltreue". Recht haben sie! Und sie erläutern
auch gleich plakativ wie: Marke ist Wiedererkennung, wie Udo Jürgens Bademantel am Ende eines jeden Konzert-
abends oder die alljährliche Osterbotschaft des Papstes. "Marke ist", wie die Überschrift von Kap. 1.2 lautet, "das
Ergebnis von positiver Erfahrung" (S. 21). Das Gewohnte ist auch das Gewollte. Meist zumindest.
Exklusiv bei uns: Das 1. Kapitel als >> Download
Wo dies zutrifft, wird ein Produkt zur Marke, ein Stück Stoff zu Bedeutsamem (vgl. z.B. Polo-Shirts von Lacoste).
Kapitel 2 erläutert deshalb den Zusammenhang von Marke, Vertrauen und Positivem Vorurteil. Anders gesagt: Volvo
ist sicher, Nivea-Sonnencreme steht für Schutz (und Nivea insgesamt für "Pflege"). Und nur wenn ein Flugbegleiter
gut angezogen und frisch rasiert ist, sind wir auch davon überzeugt, dass Flugzeug optimal gewartet wurde. Denn:
Unrasiert gleich abgeschmirt! Deshalb gilt es Vertrauensbrüche (z.B. Elchtest bei A-Klasse) möglichst zu vermeiden
und Positive Vorurteile aufzubauen bzw. zu bewahr(heit)en! Die Kunden sind dann nicht nur Träger positiver Vor-
urteile, sondern tragen diese auch weiter. Bei Errichiello und Zschiesche werden die Kunden deshalb "als kosten-
loser Dauerwerbeblock" (S. 36) bezeichnet. Ein schöner Gedanke. Und wahr!
Kapitel 3 wird mit folgender Wow-Aussage eröffnet: "Marke ist Masse"! Jeder will, was alle haben. Und: "Die Kund-
schaft ist das Gedächtnis der Marke!" Wie wahr! Es macht deshalb echt Freude, dieses Buch zu lesen. (Und das,
obwohl ich schon über 100 (!) Markenbücher von vorne bis hinten gelesen habe!). Die Gedanken der beiden
Markenentwickler sprechen an. Der Funke springt über!
Exklusiv bei uns: Das 3. Kapitel als >> Download
Anschließend leiten Errichiello und Zschiesche über zu DEM Prinzip der Markensoziologie: Deer Selbstähnlichkeit.
Im Prinzip schon 1.000 Mal gelesen, und doch, hier macht es auch zum 1.001-ten Mal Spass, sich mit dem "Be-
triebsgeheimnis der Natur" (S. 49) zu beschäftigten. Warum die "Varianz in einem festen Rahmen" (S. 55) als
Grundprinzip der Markenführung universelle Gültigkeit hat, wird anhand vieler Beispiele, von Tripp Trapp über
Playmobil bis zum Google-Logo, erläutert. Kapitel 4 endet mit der Aussage, dass "Marke ihre Kraft und Stabilität
... durch die Konzentration auf eigene Stärken [erhält]." (S. 65) So einfach ist das, und doch so schwer!
Kapitel 5 von Markenkraft im Mittelstand ist nur drei Seiten lang und lässt sich auf eine zentrale Aussage re-
duzieren: Vorsicht vor Trends und Wünschen nach Verjüngung der Marke. Beides ist meist Unfug. I agree! Denn,
so die Überschrift von Kapitel 6, "Marke ist immer das Besondere" (S. 68). I agree again. Und wo das Besondere zu
finden ist, sagen die beiden Autoren auch gleich: Im Unternehmen. Aber: Es ist immer etwas Konkretes (und nicht
Qualität oder Kompetenz). Ach, die beiden sprechen mit aus dem Herzen. Und sie erläutern auch gleich, wie man
Leistung bemerkenswert macht. Sie liefern keine "großen" Beispiele, sondern machen anhand der Hamburger Waste-
Watcher und der Rechnung einer Steak-Restaurantkette klar, was damit gemeint ist. Anschließend folgen mehrere
bekannte Beispiele, u.a. Audi mit dem Bild der "Sprungschanze" (1980/2005) und Jürgen Klingsmann. Was der mit
Marke zu tun hat, steht auf Seite 77. Im Zuge dessen bringen die beiden Markentechniker auch den Begriff der
Wunderstruktur ins Spiel. Wen wundert`s? Gar nicht wundern braucht man sich in Kapitel 7: "Was ist Marke
nicht?" Nach 3,5 Seiten ist klar; "Marke ist kein Wunschkonzert" (S. 85), sondern das genaue Gegenteil. Damit sind
wir dann schon beim 2. Teil des Buches, der "Anleitung zur Unverwechselbarkeit". Den Weg dorthin bahnen die "Erfolgsbausteine" der
Marke, die sich meist in folgenden Energiefeldern finden lassen:
> Herkunft, z.B. dem Herkunftsort
> Geschichte(n), z.B. dem Gründer
> Gestaltung, z.B. eine prägende Form
> Expertise, z.B. der Herstellungsprozess
> Prestige, z.B. Referenzen
Im 10. und letzten Kapitel beschreiben die beiden Markentechniker, "Wie Sie eine unverwechselbare Werbekampagne
entwickeln" (S. 141), wobei insbesondere der Zusatz "mit oder ohne Werbeagentur" einiges erwarten lässt, und die-
sen Erwartungen auf 23 vollauf gerecht wird. HIlfreich sind z.B. das Negativ-Beispiel einer Novotel-Werbeanzeige
(S. 143) und eine Auflistung typischer "Indikatoren für Werbung, die nicht wirkt" (S. 144). Im Anschluss werden drei
Ursachen ineffektiver Werbung systematisch benannt, z.B. wenn Werbetrends gefolgt wird. Postwendend präsen-
tieren die beiden Autoren, "Was erfolgreiche Werbung ausmacht" (S. 148). Zudem werden mit Faktizität, Erzählbar-
keit und Selbstähnlichkeit die drei wichtigsten Überzeugungshebel benannt und anhand einer Reihe von Beispielen,
z.B. Deutsche Post, ThyssenKrupp und Robinson Club, erläutert. Das sitzt. Jetzt fehlen nur noch Regeln fürden
Umgang mit Agenturen. Die kommen auch sogleich, genauer gesagt ab Seite 164. Das liest sich dann verkürzt so:
1. Eine Marke wird durch Inhalte zur Marke.
2. Suchen Sie nur bei sich nach Material.
3. Erklärungen der Agentur sind verboten.
4. Fordern Sie Gesprächsprotokolle.
5. Werbeerfolg ist messbar.
6. Trend ist ein anderes Wort für Minderheit.
7. Lachende Menschen bringen niemanden zum Lachen.
8. Die Werbung muss bei verdecktem Logo auf den ersten Blick erkennbar sein. Ist Ihre das?
Errichiello und Zschieschke enden mit einem Appell: "Nutzen Sie Ihre Markenkraft". Dem schließe ich mich gerne an.
Und füge meinen ganz persönlichen Appell an Sie hinzu:
Mein 2. Fazit: Lesen Sie dieses Buch. Es lohnt sich (bzw. Ihre Marke ist es wert)!
P.S.: Noch eine abschließende Bemerkung, die aber den Gesamteindruck nicht wirklich schmälert - die für meinen Ge-
schmack zu einseitig ausgewählte "Weiterführende Literatur" im Buch. Fünf der neun Buchempfehlungen sind Marken-
technik-Publikationen. Drei weitere Bücher behandeln die Markensoziologie und sind, wer Prof. Dr. Deichsel, den
Gründer des Instituts für Markentechnik kennt, ebenfalls sehr nah an seiner Denke. Eine etwas breitere Literatur-
auswahl wäre hier meines Erachtens wünschenswert gewesen. Aber das soll den Wert des Buches nicht
schmälern, denn Literaturübersichten finden sich zur Genüge in unzähligen Markenpublikationen, z.B.
weit über 1.100 Quellen in Esch's Strategie und Technik der Markenführung (2012).
Einführende Gedanken von Errichiello & Zschiesche zur Markentechnik als Download finden Sie >> hier
Aktuelle Ideen & Gedanken der beiden Markenentwickler finden Sie auf markenradar.com
Die besten Zitate aus u Markenkraft im Mittelstand finden Sie >> hier
Weitere Informationen zu Markenkraft im Mittelstand finden Sie auf
* Bei den beiden anderen, 2008 von ehemaligen Mitstreitern des Instituts für Markentechnik veröffentlichten Büchern
handelt es sich um Marken stark machen von Brandmeyer et al. und um Marken-Managment 2008/2009,
herausgegeben von Henning Meyer.
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