Markenbewertungsansätze
Noch 1979 vertrat Berekoven die
Auffassung, dass
"es .. unmöglich ist, eine vorwiegend soziopsycho-
logische Erscheinung durch ökonomische Instru-
mente
und/oder Methoden zu erklären" (Zum Ver-
ständnis
und Selbstverständnis des Markenwesens,
in: Markenartikel
heute, S. 45).
Mittlerweile mehr als 60 in der Praxis angewandte
Modelle zur Positionierung, Steuerung und Bewertung
von Marken zeigen jedoch, dass eine (nicht-)monetäre
Bewertung durchaus möglich ist, wenngleich die Viel-
zahl der Markenmodelle
deutlich macht, daß auf-
grund der "soziopsychologischen Erscheinung" und
der "irrationalen Züge" von Marken die Qualifizierung
und Quantifizierung nicht unproblematisch ist.
So führen von den mittlerweile mehr als 30 verschie-
denen Verfahren zur Markenwertbestimmung einzelne
Ansätze immer wieder zu teilweise erheblich ab-
weichenden bzw. widersprüchlichen Ergebnissen.
So bewertete Interbrand beispielsweise den Marken-
wert von Volkswagen für das Jahr 2005 mit knapp
4.7 Mrd.
€, während Semion den Markenwert mit
rund 16,2 Mrd.
€ angab, eine 345%tige Abweichung zwischen beiden Bewertungsansätzen.
Auch im Zeitvergleich ergeben
sich
teilweise nicht nachvoll-
ziehbare
Schwankungen.
Interbrand z.B. bewertete
Yahoo 1999 mit 1,7 Mrd. €,
2000 mit 6,8 Mrd. €, 2001
mit 4,9 Mrd. €. Eine
2004 von Absatzwirtschaft in Zusammenarbeit mit PwC ver-
öffentlichte Studie
zum Vergleich alternativer Bewer-tungsansätze
von neun Instituten belegt das Be-wertungsproblem
in eindrucksvoller
Weise. Im Rahmen
der Bewertung
einer fiktiven Marke führen die neun
angewandten
Modelle zu Markenwerten zwischen
173 Mio. und
958 Mio. €.
In Anbetracht der genannten Abweichungen sind die
aktuell existierenden Ansätze nur mit Vorsicht und
ausreichender Fehlertoleranz zu anzuwenden.
Typologie
der Markenbewertungsverfahren
Eine aktuelle Befragung von
Schimansky wiederum verdeutlicht den aktuellen Markenbewertungsstand:
"Mehr als 70 Prozent [der Marketingexperten, Anm.
d. Verf.] sehen Markenbewertung als bedeutend an,
weniger als 20 Prozent kennen die gängigsten Ver-
fahren und nur 2 Prozent nutzen sie im Schnitt"
(Der Wert der Marke, 2004, S. 26). Im folgenden
sind die wichtigsten Ansätze genannt:
(a) Verhaltensorientierte Ansätze
Ziel: Nicht-monetäre Bewertung
(Mechanismen
und Maßnahmen)
Input: Qualitative Daten (Vorstellungen, innere Bilder etc.)
Output: Relativer Markenwert
(Psychologische
Markenstärke)
> Ansatz von David A. Aaker
> MAX-Ansatz von Andresen
> Markenwissen von Keller
> Brand Equity-MOdellrahmen von Srivastava/Shocker
> Brand Asset Valuator von Young & Rubicam
> Genetischer Code der Marke
von IFM
> Brand Potential Index (BPI) der GfK
> Markeneisberg-Modell von Icon
Bekanntheit
von 32 Markenbewertungsverfahren
(b)
Finanzorientierte Ansätze
Ziel: Einstufige monetäre Bewertung (Globalmodelle)
Input: Betriebsdaten (Kosten, Erlöse etc.)
Output: Regelmäßige monetäre Ergebnisgrößen
> Kosten: historische bzw. Wiederbeschaffungskosten
(substanz-/reproduktionsorientiert)
> Lizenzen: Lizenzpreisanalogie (Lizenzersparnisse)
> Preise: Markeninduzierte Preisaufschläge
(Preispremium)
> Ertrag: Zu erwartende, zukünftige Reinerlöse
(Residualwert)
> Kapitalmarkt:
Börsenkurs-/Aktienpreisentwicklung
|
(c) Indikatororientierte (hybride) Ansätze
Ziel: Zweistufige Bewertung anhand von Indikatoren
Input: Qualitative Daten (Vorstellungen, innere Bilder etc.)
Output: Absoluter Markenwert
> Brand-Valuation-Modell von Interbrand
> Markenbilanz von A.C. Nielsen
> Brand Peformancer von A.C. Nielsen
> Brand-Broker Ansatz von Semion
> BEES-Ansatz von BBDO Consulting
> Markenkraftmodell der GfK
> Brand Scorecard von Linxweiler bzw. BBDO
> Brand Equity Meter von McKinsey (Markentachometer)
> Markenbewertungsverfahren
im Überblick (Absatzwirtschaft)
> 66 Markenmodelle im Überblick
(Markenpositionierungs-, Markensteuerungs-
und Markenbewertungsverfahren)
Verhaltens- und marketingorientierte Ansätze versuchen
zu erklären, wie und warum es zu einem hohen bzw. niedrigen
Markenwert gekommen ist und welche zu-künftigen Aktivitäten
zur Steigerung des Markenwertes geeignet sind.
Demgegenüber geht es bei finanzorientierten Bewertungs-ansätzen
primär um die Ermittlung einer monetären Größe
als Wertausdruck einer Marke zum Zwecke der Bilan-
zierung oder Bewertung von Unternehmen.
Sieben Gründe sind zentral für die Entstehung
einer
Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsansätze:
> unterschiedliche Denkmuster
> fehlende Modell-Transparenz
> hohe Modell-Komplexität und damit verbundenem
Kosten- und Zeitaufwand
> uneinheitliche Inputkategorien
> mangelnde Bekanntheit bestehender Modelle
> unzureichende Zuverlässigkeit und
widersprüchliche Ergebnisse
> unterschiedliche Anforderungen
Ausgehend von unterschiedlichen Modellanforderungen helfen
die folgenden Drei Schlüsselfragen, das situations-
abhängig geeignetste Konzept auszuwählen:
1. Bewertungszweck
2. Zielgruppen
3. Gegenstand
Im Hinblick auf den Zweck der Bewertung kann grund-sätzlich
zwischen einer Unternehmens- bzw. Marken-bewertung z.B.
im Rahmen einer Übernahme oder Bilanzierung und Markenbewertungen
zur Unterstützung
von Managemententscheidungen unterschieden werden.
Daneben können die jeweils relevanten Zielgruppen,
z.B. Analysten und Aktionäre, Manager, Kunden oder
Händler, Anhaltspunkte für die Auswahl eines geeigneten
Ver-
fahrens liefern.
Der Gegenstand der Bewertung kann ebenfalls den Ausschlag
für die Anwendung des ein oder anderen Verfahrens geben.
Das Spektrum reicht von einer Unternehmensmarke oder Dachmarke
über ein Markenportfolio bis zu einer Einzelmarke.
Downloads
> Markenaufbau (Konzeption)
> Markenwert (Evaluation)
> 66 Markenmodelle
Zurück zu (1) Konzeption & Aufbau
Zurück zu (2) Management & Ausbau
Zurück zur Übersichtsseite Markenwert
|